Immer dienstags und donnerstags herrscht bei der Tafel in Biedenkopf Großkampftag. Wenn die Kunden ihre Lebensmittelpakete abholen und die Fahrer die Rationen zu den Ausgabestellen in Breidenbach, Bad Laasphe, Dautphe und Niedereisenhausen bringen, wird jede helfende Hand benötigt, damit der Betrieb wie am Schnürchen läuft.
Umso mehr freuen sich die Tafel-Mitarbeiter denn auch, dass sie tatkräftige Unterstützung von außen bekommen. Sechs Auszubildende der J+P Gruppe greifen den Helfern einmal in der Woche unter die Arme, tragen Kisten, beladen die Transporter, sortieren Lebensmittel oder helfen auch, die Pakete an die Kunden auszugeben. Die Idee zu der Kooperation kam Michael Lenz, Sprecher der Geschäftsleitung und Partner der J+P Gruppe, nach einem Besuch der Tafel in Gießen. Dort wird das Modell, dass Unternehmen ihre Auszubildenden für einen sozialen Dienst abordnen, nämlich schon länger praktiziert. „Außerdem hat es mich sehr berührt, was dort über die Arbeit der Tafel berichtet wurde. Da hat man ja normalerweise nicht so viele Berührungspunkte mit“, gibt Lenz zu.
Deswegen habe er das Konzept des Social Volunteering mitgenommen und zu Hause den Kontakt zur heimischen Tafel gesucht. Mit der Idee, die Auszubildenden aus seinem Unternehmen zeitweise bei der Biedenkopfer Tafel arbeiten zu lassen, hat er bei deren Leiter Helmut Kretz offene Türen eingerannt. „Der überwiegende Teil unserer Helfer hat ja schon ein fortgeschrittenes Alter erreicht“, betonte der. „Da freuen wir uns natürlich über jeden, der unser Team verjüngt und auch mal kraftvoller mit anpacken kann.“
Kretz sieht aber auch den tieferen Nutzen dieser Zusammenarbeit. Den Azubis böte sich dadurch neben der sicherlich willkommenen Abwechslung zum Berufsalltag auch die Möglichkeit, einen Blick über den Tellerrand hinaus zu werfen und neue Perspektiven zu entdecken. Das könne mitunter sehr bereichernd sein und den eigenen Horizont erweitern.
Leo Althaus bietet das beste Beispiel dafür. Er ist einer der sechs J+P Auszubildenden und gibt zu, die Arbeit der Tafel vor seiner Tätigkeit dort gar nicht richtig wahrgenommen zu haben. „Aber wenn man hier ist und sieht, wie viele Menschen herkommen, um Lebensmittel zu holen, dann merkt man erst mal, wie gut es einem selbst geht“, betont er und zeigt sich erschüttert, wie viele Menschen es vor der eigenen Haustür gibt, die auf solche Hilfe angewiesen sind.
Fast 1140 Kunden zählt die Biedenkopfer Tafel, darunter über 300 Kinder. Das Problem sei, dass die Zahl der Kunden seit Jahren steige, erklärte Helmut Kretz, die Menge an Lebensmitteln, die zur Verfügung stehe, aber sinke. Das liegt auch daran, dass einige Märkte mittlerweile damit begonnen hätten, Lebensmittel, die in wenigen Tagen das Mindesthaltbarkeitsdatum erreichten, in Tüten zu verpacken und verbilligt an die Kunden abzugeben. Diese Lebensmittel stünden den Tafeln dann natürlich nicht mehr zur Verfügung.
Helmut Kretz hofft, dass das Beispiel der J+P Gruppe vielleicht auch anderen Unternehmen als Vorbild dient und diese ebenfalls ihre Auszubildenden als Helfer bei der Tafel einsetzen. Ihr Unternehmen sei in der glücklichen Lage, das relativ leicht machen zu können, gab Uwe Schwarz, ebenfalls Partner bei J+P, zu. „Wir haben sechs Auszubildende. Das heißt, jeder von ihnen ist alle sechs Wochen für einen Tag mit dem Dienst bei der Tafel dran“, rechnet Schwarz vor. Dieser eine Tag Verlust falle bei der Ausbildungszeit kaum ins Gewicht. Bei kleineren Betrieben sei das natürlich schon schwieriger. „Für uns ist es aber auch eine Ehrensache, das zu machen“, ergänzt Michael Lenz. „Wir sind ein Unternehmen der Region und wir wollen der Region auch etwas zurückgeben.“
Die sechs Auszubildenden der J+P Gruppe sind neben Leo Althaus noch Jonas Ebermann, Marie Frank, Hendrik Debus, Svea Fleischmann und Mert Karaman.